Gedanken zum Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) – Teil 1
Posted by Clochard - 18. Januar 2018
Heute möchte ich mich einmal mit etwas anderem als Feminismus und Gender befassen, nämlich dem Bedingungslosen Grundeinkommen. Bisher habe ich mich nur sehr oberflächlich damit auseinandergesetzt ohne die Vorschläge jedoch vollständig geistig zu durchdringen, ich hoffe die Verfassung dieses Blogeintrags hilft mir dabei und generiert für andere Menschen auch einen Nutzen.
Meine eigene Gefühls- und Verstandeslage vor der Untersuchung ist folgende :
Der Grundgedanke ist ganz nett und es klingt, zumindest wenn man nach den Befürwortern geht wie ein Schlaraffenland (schreibt man das so?) in dem Milch und Honig fließen. Trotzdem regt sich bei der Beschreibung im Kopf und im Bauch Widerstand, und beide mahnen : Irgendwas stimmt da nicht, irgendwo ist da ein Haken.
Ich werde mich dem Thema mittels folgender Herangehensweise nähern :
Zuerst werde ich versuchen maximal 3 repräsentative BGE-Modelle zu finden um diese dann Schritt für Schritt zu analyiseren und wo nötig durchzurechnen. Ich werde für jedes dieser 3 Modelle die Argumente der Befürworter und der Kritiker recherchieren und meine eigenen Argumente dazu einfliessen lassen.
Außerdem stelle ich mir die unvermeidliche und berechtigte Frage : cui bono ? also wem nützt es. Üblicherweise, wenn Menschen Zeit, Geld und Mühe in eine Sache investieren, dann tun sie das, weil sie sich davon einen Nutzen versprechen. Diese Frage ist umso berechtigter, als Menschen mit völlig verschiedenen Hintergründen und Biographien das BGE pushen.
Als Quelle für fast alle meine weiteren Betrachtungen verwende ich Material von der Website (abweichende Quellen werden entsprechend ausgewiesen) : http://www.grundeinkommen.de/
Man kann einwenden, die o.g. Quelle sei nicht objektiv, da sie von Grundeinkommensbefürwortern erstellt wurde. Der Einwand ist valide, die Schlußfolgerung daraus kann aber nicht darauf hinauslaufen Material von dieser Website grundsätzlich abzulehnen, denn das wäre ein argumentum ad hominem. Obwohl die Autoren der Website ein bestimmtes Ziel verfolgen, kann dennoch wahr sein, was sie sagen. Es liegt an mir herauszufinden, ob sie die Wahrheit sagen.
Ich hätte im Übrigen sehr gerne eine österreichische BGE Quelle verwendet, weil das für mich sehr viel leichter zu analysieren gewesen wäre (unterschiedlicher rechtlicher IST-Zustand in DE und AT) aber leider sind die österreichischen BGE-Quellen bestenfalls durchschnittlich. Der Durchschnitt hat in Österreich mentalitätsbedingt leider eine lange Tradition (was im Umkehrschluß aber keinesfalls bedeutet alles was aus Österreich kommt sei damit automatisch unter- oder durchschnittlich).
Vorstellung der Modelle und Begriffserklärungen
Ein bedingunsloses Grundeinkommen definiert sich durch folgende Faktoren :
Ein Grundeinkommen ist ein Einkommen, das eine politische Gemeinschaft bedingungslos jedem ihrer Mitglieder gewährt. Es soll
- die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen,
- einen individuellen Rechtsanspruch darstellen sowie
- ohne Bedürftigkeitsprüfung und
- ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen garantiert werden.
Das Grundeinkommen stellt somit eine Form von Mindesteinkommenssicherung dar, die sich von den zur Zeit in fast allen Industrienationen existierenden Systemen der Grund- bzw. Mindestsicherung wesentlich unterscheidet. Das Grundeinkommen wird erstens an Individuen anstelle von Haushalten gezahlt, zweitens steht es jedem Individuum unabhängig von sonstigen Einkommen zu, und drittens wird es gezahlt, ohne dass eine Arbeitsleistung, Arbeitsbereitschaft oder eine Gegenleistung verlangt wird.
Aus den vielen verschiedenen Modellen werde ich mir also zuerst nur solche herauspicken, welche die o.g. Kriterien erfüllen.
In der Übersicht zu den BGE-Typen von Ronald Blaschke in der derzeit letzten Fassung vom Oktober 2017 werden 14 Ausformungen dargestellt, die der vollwertigen Definition von weiter oben entsprechen (im Gegensatz etwa zu „partiellen Grundeinkommen“).
Als wesentliche Determinanten und Unterscheidungsmerkmale eines Grundeinkommensmodells betrachtet Blaschke :
a) Personenkreis (d.h. Bezugsberechtigte)
b) angepeilte monatliche Höhe des BGE
c) Finanzbedarf und vorgeschlagene Finanzierung
d) institutionelle Ausformung, Verwaltung
e) Berücksichtigung von Sonderbedarfen (also zusätzliche Transfers zum BGE)
f) Umgang mit anderen steuerfinanzierten Sozialtransfers (welche werden ersetzt, welche kommen hinzu)
g) Ausformung der Sozialversicherung im neuen System (Krankenkasse, Unfallversicherung, Pensions (=Renten)versicherung e.t.c )
h) Schicksal der sonstigen öffentlichen Infrastruktur bzw. Dienstleistungen (Aussagen darüber, was nach Einführung des BGE, PGE oder der Grund-/Mindestsicherung mit öffentlichen Infrastrukturen und Dienstleistungen in den Bereichen Kultur, Bildung, Soziales, öffentlicher Verkehr etc. geschehen soll.)
i) Ausgestaltung der Arbeitsmarktpolitik (Aussagen darüber, ob und welche arbeitsmarktpolitischen Instrumente im Konzept vorgesehen sind, z. B. Mindestlohn (ML) oder AZV (gesetzliche oder sonst allgemein ausgehandelte Arbeitszeitverkürzung)
j) weitere gesellschaftspolitische Ansätze und Begleitmaßnahmen
k) Bemerkungen
ad a) Personenkreis (d.h. Bezugsberechtigte)
Ich will sehen, ob die Ausgestaltung des anspruchsberechtigten Personenkreises ein notwendiges Kriterium für die Auswahl meiner 3 zu untersuchenden Modelle ist.
Grundeinkommensmodell | anspruchsberechtigter Personenkreis |
Existenzgeld | alle in D lebenden |
Grundeinkommen nach Carls 2016 | alle, die in D ihre alleinige Wohnung oder ihren Hauptwohnsitz haben |
Grundeinkommen nach Dilthey 2008 | alle in D mit legalem Aufenthaltsstatus, andere analog alter Sozialhilfe (BSHG) |
Emanzipatorisches Grundeinkommen | alle mit Erstwohnsitz in D |
Solidarisches Grundeinkommen (Piratenpartei) | alle, die ihren Hauptwohnsitz oder gewöhnlichen und rechtmäßigen Aufenthalt in D haben |
Solidarisches Grundeinkommen (SPD Rhein-Erft) | alle, die in D eine Mindestdauer ihren legalen Wohnsitz haben |
Grundeinkommen nach ATTAC 2012 | alle in D Lebenden |
Grundeinkommen nach Götz Werner 2017 | keine bzw. unterschiedliche Angaben (mindestens StaatsbürgerInnen), evtl. Staffelung der Höhe nach Aufenthaltsdauer bei NichtstaatsbürgerInnen |
Grünes Grundeinkommen | alle, die ihren Erstwohnsitz in D haben oder sich im Verfahren zur Erlangung der Aufenthaltsgenehmigung befinden |
Grundeinkommen nach dem dt.Bundesjugendring | keine Angaben |
Grundeinkommen nach dem Bundesjugendwerk(Arbeiterwohlfahrt) | alle dauerhaft in D Lebenden |
Grundeinkommen nach der Naturfreundejugend | alle dauerhaft in D Lebenden |
Ulmer Transfergrenzenmodell | alle StaatsbürgerInnen, dauerhaft in D lebende EU BürgerInnen bzw. bzgl. Transfers gleichgestellte MigrantInnen; andere: Asylbewerberleistungen gemäß BSHG |
Grundeinkommen nach Straubhaar 2017 | alle StaatsbürgerInnen, für AusländerInnen nach Wartezeit |
Die meisten Grundeinkommensmodelle stellen auf den dauerhaften Lebensmittelpunkt in Deutschland ab, einige auf die Staatsbürgerschaft. Bei denen, die auf die Staatsbürgerschaft abstellen hat meine Recherche nicht ergeben, wie mit im Ausland lebenden Staatsangehörigen zu verfahren wäre, von daher denke ich mir, auf die wurde in jenen Modellen, die auf die Staatsbürgerschaft abstellen einfach vergessen. Von daher wollen ohnehin alle Modelle dasselbe, womit sich der Bezieherkreises nicht als geeignetes Kriterium erweist, eines von 3 unterschiedlichen Modellen auszuwählen.
ad b) angepeilte monatliche Höhe des BGE
Grundeinkommensmodell | Höhe des BGE
(dynamische) Ableitung der Höhe |
Existenzgeld | 1.060 Euro,kostenfreie KV/PV, wenn außer BGE kein Einkommen
Warenkorb |
Grundeinkommen nach Carls 2016 | 1.110 Euro, 500 Euro bis 18 J.,kostenfreie KV/PV, wenn außer BGE keine Einkommen
keine Angabe |
Grundeinkommen nach Dilthey 2008 | 1.100 Euro ab 18,altersgestaffelt bis 18 J. (Durchschnitt 500 Euro), plus KV/PV Beiträge
60% des durch-schnittlichen ProKopfBruttoeinkommens |
Emanzipatorisches Grundeinkommen | 1.080 Euro ab 16 J., 540 Euro bis 16 J.,kostenfreie KV/PV, wenn außer BGE kein Einkommen
50% des Volkseinkommens, Armutsrisikogrenze |
Solidarisches Grundeinkommen (Piratenpartei) | 540 Euro plus Wohnkostenpauschale 360 Euro, also 900 Euro; kostenfreie KV/PV, wenn außer BGE kein Einkommen
keine Angaben |
Solidarisches Grundeinkommen (SPD Rhein-Erft) | 800 Euro ab 18 J., 500 Euro bis 18 J., kostenfreie KV/PV wenn außer BGE keine Einkommen
oberhalb Armutsrisikogrenze (derzeit über 1.100 Euro) |
Grundeinkommen nach ATTAC 2012 | mind. Pfändungsfreigrenze(derzeit rund 1.140 Euro) |
Grundeinkommen nach Götz Werner 2017 | verschiedene Angaben: 600 bis 1.500 Euro ab 18 J., 300 Euro (bzw. halbes BGE) bis 18 J., bei niedrigem Einstieg KV/ PV gesondert, bei höherem BGE : keine Angaben über KV/PV, wenn außer BGE keine Einkommenkeine Angaben |
Grünes Grundeinkommen | keine Angaben, alle die gleiche Höhe; kosten freie KV/PV, wenn außer BGE keine Einkommen
mglw. Warenkorb, soziokulturelle Teilhabe soll gesichert sein |
Grundeinkommen nach dem dt.Bundesjugendring | Höhe oberhalb von 60% des durchschnittlichen Markteinkommens |
Grundeinkommen nach dem Bundesjugendwerk(Arbeiterwohlfahrt) | keine Angaben, keine Altersstaffelung (vom Anspruch, aber: ein Teil bei Kindern/Jugendlichen in Fonds eingezahlt, bei Volljährigkeit als Startkapital ausgezahlt)
keine Angaben |
Grundeinkommen nach der Naturfreundejugend | 800 (bis 1.000) Euro, zusätzlich gesicherte Gesundheitsversorgung
Ermittlung durch unabhängige Experten |
Ulmer Transfergrenzenmodell | keine Angaben, Betrag wird aus Berechnungsmodell erschlossen
Orientierung am Steuerfreibetrag, der politisch entschieden wird |
Grundeinkommen nach Straubhaar 2017 | Rechenbeispiele für 600 Euro bis 2.000 Euro (1.000 Euro “plausibel”), plus Grundversicherung, Gutschein oder kostenfreie Absicherung bei Krankheit/Unfall,
politische Entscheidung |
Die anepeilte Höhe des BGE als auch dessen zukünftige Indexierung scheint ein besseres Mittel zur Einteilung zu sein. Viele Varianten geben einen Betrag nach derzeitiger Kaufkraft von 1000 bis 1100 Euro an. Damit kann man rechnen, daher wird das ein Auswahlkriterium. Diejenigen Modelle, die gar keine Angaben machen scheiden naturgemäß aus. Übrig bleiben dann noch das Ulmer Transfergrenzenmodell und das BGE nach dem Bundesjugendring, die wenigstens berechenbar sind, auch wenn sie keine festen Betrag angeben.
ad c) Finanzbedarf und vorgeschlagene Finanzierung
Die geplante Finanzierung und ebenso der geplante Finanzierungsbedarf ist ein heftiger Streitpunkt zwischen BGE-Gegnern und Befürwortern. Hier eine Aufstellung wie sich die in Betracht kommenden BGE Modelle das so vorstellen :
Grundeinkommensmodell | Finanzbedarf und
vorgeschlagene Finanzierung |
Existenzgeld | 873 Mrd. Euro
50% des Nettoeinkommens plus Änderungen bei ErbSt, EnergieSt, KapSt, Zinsertrags-, Kapitalexportsteuer; nur noch eine Est-klasse |
Grundeinkommen nach Carls 2016 | 63 Mrd. Euro
62,5% flat tax –neue ESt., nur noch eine ESt.-Steuerklasse, Wegfall Freibeträge und Werbungskosten bis Höhe Grundeinkommen |
Grundeinkommen nach Dilthey 2008 | ca. 800 Mrd. Euro
neue SozialUSt, neue ESt auf höhere Einkommen (50% flat tax ab Bruttoeinkommen in 5fünffacher BGE Höhe inkl. BGE), KapitalUSt auf Finanzprodukte |
Emanzipatorisches Grundeinkommen | 863Mrd. Euro (SD) 447-467 Mrd. Euro (NES)33,5% Abgabe auf alle Bruttoprimäreinkommen,Sachkapital, Primärenergie,Luxusgüterumsatzabgabe, nur noch eine ESt-Klasse, Senkung Eingangs-/Spitzensteuersatz |
Solidarisches Grundeinkommen (Piratenpartei) | 566 Milliarden Euro (als SD gerechnet)
50% flat tax -neue ESt, 15% Zusatz-ESt bei Bezug der Wohnkostenpauschale |
Solidarisches Grundeinkommen (SPD Rhein-Erft) | 731 Mrd. Euro (gerechnet als SD)
50% flat tax -neue Est |
Grundeinkommen nach ATTAC 2012 | keine Angaben
Börsenumsatz-/ Umweltsteuern, Abgaben auf höhere Einkommen, Vermögen, Gewinne, perspektivisch im Rahmen der Bürgerversicherung finanziert |
Grundeinkommen nach Götz Werner 2017 | keine Angaben
Konsumsteuer (Abschaffung aller anderen Steuern bzw. deren schrittweise Senkung, neuerdings auch Einführung einer FtSt. |
Grünes Grundeinkommen | keine Angaben
Konsum-, progressive ESt, VSt, ErbSt, Schenkungsbesteuerung |
Grundeinkommen nach dem dt.Bundesjugendring | keine Angaben
Finanzierung durch gerechtere Steuerpolitik und Unternehmensgewinne |
Grundeinkommen nach dem Bundesjugendwerk(Arbeiterwohlfahrt) | keine Angaben
über eine Umverteilung von oben nach |
Grundeinkommen nach der Naturfreundejugend | keine Angaben
z. B. mit einer 60% flat tax –neue ESt |
Ulmer Transfergrenzenmodell | keine Angaben, Kosten variieren je nach gewähltenBerechnungsmodell
Sozialabgabe auf alle Bruttoeinkommen (inkl. SV Leistungen), ergibt sich aus gewünschter Höhe und Transfergrenze, auch Erhöhung der MwSt möglich. |
Grundeinkommen nach Straubhaar 2017 | je nach Höhe unterschiedlich
neue ESt (flat tax) |
Modelle die weder Angaben zum Finanzbedarf noch zur Art der Finanzierung gemacht haben scheiden für mich von vorneherein aus. Einerseits, da man nichts berechnen kann, und andererseits, weil man auch von Visionären verlangen kann und muss, dass sie sich Gedanken über die Machbarkeit des von Ihnen angestrebten Zustands machen, ich sehe es nicht als meine Aufgabe mir deren Kopf zu zerbrechen.
Die meisten Modelle setzen an der Einkommenssteuer an, die wird also in jedem Fall für die 3 Verlgeichsmodelle gewählt, viele haben die MwSt dabei, auch die wird zu berücksichtigen sein, insbesondere „linke“ Modelle haben auch die Einführung/Erhöhung von Vermögens-, Erbschafts-, Reichen-, Finanztransaktions-, Schennkungs-, Börsenumsatz-, Öko-, Luxus- und sonstiger Steuern im Portfolio.
ad d) institutionelle Ausformung, Verwaltung
Hier spare ich mir aus Gründen der Übersichtlichkeit eine tabellarische Aufstellung. Die meisten Modelle wollen das über das Finanzamt abwickeln, andere machen keine Angaben, das Modell Attac spricht von einer Bürgerversicherung, das habe ich mir bis jetzt noch nicht angesehen, werde es aber einbinden, wenn es gravierende und relevante Unterschiede gibt. Ansonsten ergeben sich aus diesem Punkt keine Kriterien für eine Unterscheidung.
ad e) Berücksichtigung von Sonderbedarfen (also zusätzliche Transfers zum BGE)
Hier verzichte ich ebenfalls auf eine tabellarische Darstellung. Die überwältigende Mehrheit der Modelle möchte Sonderbedarfe zusätzlich zum Grundeinkommen berücksichtigen. Am Häufigsten genannt werden : chronisch Kranke, Behinderte, Senioren e.t.c. Da sich hier die Modelle kaum etwas nehmen werde ich diesen Punkt der Einfachkeit halber nicht als Auswahlkriterium heranziehen.
ad f) Umgang mit anderen steuerfinanzierten Sozialtransfers (welche werden ersetzt, welche kommen hinzu ?)
Hier ergibt sich abermals ein so einheitliches Bild, dass sich eine Aufstellung nicht lohnt. Die meisten Modelle verstehen das BGE als Ersatz für die Grundsicherung, das Kindergeld, BaFöG, manche nehmen noch das Wohngeld hinzu, einige wenige sehen das BGE als Ersatz für restlos alle steuerfinanzierten Sozialtransfers. Also muss ich für die 3 Kandidaten zumindest ein Modell aus den ersten und den letzten Modellen dabeihaben.
ad g) Ausformung der Sozialversicherung im neuen System (Krankenkasse, Unfallversicherung, Pensions (=Renten)versicherung e.t.c ); Ausformung der Sozialversicherung im neuen System (Krankenkasse, Unfallversicherung, Pensions (=Renten)versicherung e.t.c )
Eine ganz gewichtige Frage. Schließlich ist das heute überwiegend kein Sozialtransfer, sondern, wie der Name schon sagt eine Versicherungsleistung, überwiegend geknüpft an Erwerbsarbeit und die Finanzierung überwiegend versicherungsmathematisch ausgestaltet, außer dort, wo sich das nicht ausgeht (etwa bei Pensionen).
Die Abkürzungen in folgender Tabelle sind :
ALV (Arbeitslosenverischerung), KV (Krankenversicherung), PV (Pflegeversicherung), RV (Rentenversicherung), UV (Unfallversicherung)
Grundeinkommensmodell | Sozialversicherungen |
Existenzgeld | bleiben alle in bestehender Form erhalten |
Grundeinkommen nach Carls 2016 | werden bis auf UV abgeschafft, KV/PV steuerfinanziert |
Grundeinkommen nach Dilthey 2008 | werden abgeschafft, KV/PV für alle steuerfinanziert |
Emanzipatorisches Grundeinkommen | RV/KV/PV wird paritätische Bürgerversicherung, ALV wird paritätische Erwerbslosenversicherung, BGE als Sockelrente, Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze, geringere Beiträg |
Solidarisches Grundeinkommen (Piratenpartei) | RV wird in paritätisch finanzierte Zusatzrentenpflichtversicherung (Bürgerversicherung) umgewandelt, KV/PV wird über ESt finanziert, ALV wird abgeschafft |
Solidarisches Grundeinkommen (SPD Rhein-Erft) | RV (evtl.)/KV/PV werden zur paritätischen Bürgerversicherung, KV/PV-Beiträge für BGE-Beziehende steuerfinanziert, senken bei Erwerb die erwerbsabhängigen Beiträge |
Grundeinkommen nach ATTAC 2012 | RV/KV/PV werden paritätische Bürgerversicherung |
Grundeinkommen nach Götz Werner 2017 | schrittweise Ersetzung bis zu endgültiger Abschaffung bei voller/ausreichender Höhe des BGE (substitutiv) |
Grünes Grundeinkommen | RV/ALV Leistungen durch BGE gesockelt; KV/PV wird Bürgerversicherung |
Grundeinkommen nach dem dt.Bundesjugendring | bleiben erhalten wie bisher |
Grundeinkommen nach dem Bundesjugendwerk(Arbeiterwohlfahrt) | keine Angaben, ALV abschaffen |
Grundeinkommen nach der Naturfreundejugend | RV und ALV abschaffen |
Ulmer Transfergrenzenmodell | bleiben bestehen, können aber verändert werden (z. B. Höhe und Beiträge) |
Grundeinkommen nach Straubhaar 2017 | werden abgeschafft, KV und UV steuerfinanziert |
Hier trennen sich die Wege der Modelle. Einige sehen es so, dass die alle Versicherungen bestehen bleiben wie bisher, das wird ein Kandidat, viele sprechen von paritätischen Bürgerversicherungen (wo ich noch nicht weiß, was das überhaupt bedeuten soll) ein weiterer Kandidat, viele wollen erwerbslose nur-BGE Bezieher von der Versicherungsbeitragspflicht befreien und zumindest die Kranken-und Pflegeversicherung steuerfinanzieren andere wollen das System der Versicherung überhaupt verlassen und KV/PV nur steuerfinanzieren, die letzten Beiden ergeben den letzen Kandidaten.
h) Schicksal der sonstigen öffentlichen Infrastruktur bzw. Dienstleistungen (Aussagen darüber, was nach Einführung des BGE, PGE oder der Grund-/Mindestsicherung mit öffentlichen Infrastrukturen und Dienstleistungen in den Bereichen Kultur, Bildung, Soziales, öffentlicher Verkehr etc. geschehen soll.)
Grundeinkommensmodell | Öffentliche Infrastrukturen / Dienstleistungen |
Existenzgeld | ausbauen, demokratisieren, gebührenfrei |
Grundeinkommen nach Carls 2016 | keine Angaben |
Grundeinkommen nach Dilthey 2008 | ausbauen, gebührenfreie Bildung |
Emanzipatorisches Grundeinkommen | ausbauen, demokratisieren, tendenziell gebührenfrei |
Solidarisches Grundeinkommen (Piratenpartei) | im Parteiprogramm Forderung nach gebührenfreier Bildung, außerdem fordern einige Landesprogramme/Positionspapierefahrscheinlosen ÖPNV, Ausbau Freifunknetze, öffentliches WLAN flächendeckend |
Solidarisches Grundeinkommen (SPD Rhein-Erft) | Bildungsstruktur ausbauen, Bildung gebührenfrei, Verkehrsinfrastruktur ausbauen |
Grundeinkommen nach ATTAC 2012 | ausbauen, demokratisieren, gebührenfrei |
Grundeinkommen nach Götz Werner 2017 | werden beibehalten, Lohnkosten werden gesenkt (BGE substitutiv) |
Grünes Grundeinkommen | ausbauen, gebührenfreie Bildung für gesamten Lebensweg |
Grundeinkommen nach dem dt.Bundesjugendring | Ausbau, gebührenfreie Bildung |
Grundeinkommen nach dem Bundesjugendwerk(Arbeiterwohlfahrt) | Ausbauen |
Grundeinkommen nach der Naturfreundejugend | gebührenfreie soziale Infrastruktur |
Ulmer Transfergrenzenmodell | keine Angaben, unterliegt politischer Entscheidung |
Grundeinkommen nach Straubhaar 2017 | Erhalt, keine weiteren Angaben |
Die meisten wollen gebührenfreie Bildung, ehrlicherweise muss ich mich erst schlau machen, welche Bildung in DE was kostet, aber Bildung gebührenfrei ist ein Kandidat. Ein weitere ist „keine Änderung“, auch das kommt gehäuft vor, manche BGE Modelle wollen einfach Alles gebührenfrei, das ist der letzte Kandidat.
ad i) Ausgestaltung der Arbeitsmarktpolitik (Aussagen darüber, ob und welche arbeitsmarktpolitischen Instrumente im Konzept vorgesehen sind, z. B. Mindestlohn (ML) oder AZV (gesetzliche oder sonst allgemein ausgehandelte Arbeitszeitverkürzung)
Grundeinkommensmodell | Arbeitsmarktpolitik |
Existenzgeld | gesetzlicher ML, AZV |
Grundeinkommen nach Carls 2016 | keine Angaben zu ML und AZV,steuerfinanzierte Arbeitsförderung |
Grundeinkommen nach Dilthey 2008 | kein ML, keine AZV, kein Tariflohn, sollte BGE gleichen Lohn für gleiche Arbeit nicht durchsetzen, dann kollektivrechtliche Regelungen |
Emanzipatorisches Grundeinkommen | gesetzlicher ML und AZV, Arbeitsmarktfonds, öffentlich geförderter Beschäftigungssektor, Verbot Leiharbeit |
Solidarisches Grundeinkommen (Piratenpartei) | gesetzlicher ML |
Solidarisches Grundeinkommen (SPD Rhein-Erft) | ML |
Grundeinkommen nach ATTAC 2012 | gesetzlicher ML, AZV, aktive Arbeitsmarktpolitik |
Grundeinkommen nach Götz Werner 2017 | ML u. a. kollektivrechtliche Regelungen möglich |
Grünes Grundeinkommen | ML, aktive Arbeitsmarktpolitik |
Grundeinkommen nach dem dt.Bundesjugendring | ML, AZV |
Grundeinkommen nach dem Bundesjugendwerk(Arbeiterwohlfahrt) | ML, AZV |
Grundeinkommen nach der Naturfreundejugend | keine Angaben |
Ulmer Transfergrenzenmodell | keine Angaben, unterliegt politischer Entscheidung |
Grundeinkommen nach Straubhaar 2017 | Abschaffung Mindestlohn und bestehender Kündigungsschutz |
Die Auswirkungen der arbeitsmarktpolitischen Instrumente auf ein BGE sind mir noch nicht ganz klar, sicher ist, es gibt Modelle mit Mindestlohn und Arbeitszeitverkürzung, ein sicherer Kandidat, es gibt Modelle nur mit ML, ein weiterer Kandidat, und zuguterletzt gibt es Modelle ohne ML/AZV, mithin der letzte Kandidat.
j) weitere gesellschaftspolitische Ansätze und Begleitmaßnahmen
Diesen Punkt werde ich nicht als Unterscheidungskriterium heranziehen, da er mit dem jeweiligen BGE Modell an sich nichts zu tun hat. Ich kann aber Rückschlüsse ziehen, aus welcher ideologischen Ecke beim jeweiligen Modell der Wind weht und meine Erfahrung lehrt mich, dass Ideologien wie Ideologen in jedem Fall mit Vorsicht zu begegnen ist, da viele davon Ideologie dort haben, wo bei anderen Menschen das Gehirn ist.
Grundeinkommensmodell | weitere gesellschaftspolitische Ansätze |
Existenzgeld | demokratische Aneignung der Produktions und Lebensbedingungen, Geschlechtergerechtigkeit, BGE als Globales Soziales Recht |
Grundeinkommen nach Carls 2016 | keine Angaben |
Grundeinkommen nach Dilthey 2008 | Angaben |
Emanzipatorisches Grundeinkommen | demokratische Aneignung der Produktions-und Lebensbedingungen, Geschlechtergerechtigkeit, ökologischer Umbau, BGE als Globales Soziales Recht |
Solidarisches Grundeinkommen (Piratenpartei) | keine Angaben |
Solidarisches Grundeinkommen (SPD Rhein-Erft) | angestrebt wird eine freie Tätigkeitsgesellschaft |
Grundeinkommen nach ATTAC 2012 | Kritik an der Arbeitsvergesellschaftung, Aneignung der Produktionsbedingungen und öffentlichen Güter, BGE als Globales Soziales Recht |
Grundeinkommen nach Götz Werner 2017 | Reform der Ressourcennutzung, Geldordnung und des Privat-/Produktiveigentums (Trennung des Privateigentums vom privaten Produktiveigentum sowie von Gewinnen aus Produktion und Spekulation, neuerdings: demokratische Regulierung Finanzmarkt) |
Grünes Grundeinkommen | Geschlechtergerechtigkeit, ökologischer Umbau, durch Steuerlenkung befördert,BGE global ausweiten |
Grundeinkommen nach dem dt.Bundesjugendring | Geschlechtergerechtigkeit, umfangreiches Antidiskriminierungsgesetz, Umverteilung von oben nach unten |
Grundeinkommen nach dem Bundesjugendwerk(Arbeiterwohlfahrt) | Geschlechtergerechtigkeit |
Grundeinkommen nach der Naturfreundejugend | Grundeinkommen global angestrebt |
Ulmer Transfergrenzenmodell | keine Angaben |
Grundeinkommen nach Straubhaar 2017 | keine Angaben |
In Teil 2 geht es weiter mit der endgültigen Auswahl der zu untersuchenden Modelle, einigen unwissenschaftlichen Vorbetrachtungen und der Darlegung der Untersuchungsmethodik.
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